Interview

Ferdinand Friesel im Interview

Ferdinand Friesel ist Personal- und Unternehmensberater aus Leidenschaft. Nach jahrelanger Erfahrung als Manager in Einzelhandel und Industrie unterstützt er heute als Partner der Wirtschaftskanzlei Sparrings & Partner am Standort Ravensburg Unternehmen bei der Suche nach Spezialisten für Management und Geschäftsführung sowie als Gesellschafter oder Unternehmensnachfolger. Wir sprachen mit ihm über die wichtigsten Punkte, die Eigentümer und potenzielle Käufer bei einer Nachfolgeregelung berücksichtigen sollten.

Warum findet nur noch etwa die Hälfte der Unternehmensnachfolgen innerhalb der Eigentümerfamilie statt?

Dafür gibt es persönliche und sachliche Gründe: Teilweise können die Betriebe mit den steigenden Anforderungen an Innovation und Wettbewerbsfähigkeit nicht mithalten. Das macht ein Unternehmen aus Sicht der nächsten Generation oft unattraktiv für eine Übernahme. In anderen Fällen verfügen die möglichen Nachfolger nicht über die erforderlichen Fähigkeiten oder das persönliche Engagement für die Weiterführung des Unternehmens. Und nicht zuletzt können persönliche Differenzen in den Familien oder unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Ausrichtung des Unternehmens Gründe dafür sein, dass bei der Übergabe ein externer Nachfolger bevorzugt wird.

Sollten Eigentümer bei der Nachfolgeregelung auch auf strategische Investoren oder Finanzinvestoren zugehen?

Neben der Kompetenz, ein Unternehmen ganzheitlich – auch strategisch – führen zu können, ist auch die Finanzierung der Nachfolge wichtig. Je nach Kaufpreis des Unternehmens können erfahrene Manager, die ausreichend Eigenkapital besitzen und den Markt oder die Branche sehr gut kennen, passende Investoren für eine Übernahme im Rahmen eines sogenannten Management-Buy-in, kurz MBI, sein. Und wenn der Kaufpreis die Höhe der Finanzkraft einer einzelnen Person übersteigt, ist es sinnvoll, strategische Investoren oder Finanzinvestoren anzusprechen. Gerade ein strategischer Investor ist in der relevanten Branche bereits mit Unternehmen engagiert und kann das gekaufte Unternehmen wahrscheinlich erfolgreich integrieren. Eine M&A-Beratung kann dabei unterstützen, entsprechende Investoren im Markt professionell anzusprechen.

Wie erkennen potenzielle Käufer, ob ein Betrieb für die Übernahme geeignet ist?

Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass die Einnahmen des Unternehmens nachweisbar stabil und nachhaltig sind, und zwar konstant über einen längeren Zeitraum hinweg. Außerdem sollte der Betrieb eine starke Kundenbasis haben, das heißt, der Umsatz sollte nicht maßgeblich von einigen wenigen Kunden abhängig sein. Und der bisherige Eigentümer sollte seine Kontakte rechtzeitig an die Mitarbeiter weitergegeben haben, sodass der neue Eigentümer nicht von seinem Vorgänger abhängig ist. Ein weiteres Schlüsselkriterium sind erfahrene, kompetente und loyale Mitarbeiter, und auch die Frage nach einer zweiten Führungsebene ist wichtig. Darüber hinaus sollte das Unternehmen über Wachstumspotenzial verfügen, also in den richtigen Märkten mit einem passenden Sortiment präsent sein.

Welche Methoden empfehlen Sie, um den Unternehmenswert zu ermitteln?

Die häufigste Unternehmensbewertungsmethode für KMUs ist die Ertragswertmethode oder Discounted-Cashflow-Methode. Sie basiert auf der Schätzung des künftigen Cashflows des Unternehmens und diskontiert diesen auf den heutigen Wert, um den Unternehmenswert zu ermitteln. Weitere Methoden sind die Marktkapitalisierungsmethode, die Vergleichsmethode, bei der das Unternehmen mit anderen ähnlichen Betrieben verglichen wird, die assetbasierte Methode, bei der die Vermögenswerte und Schulden des Unternehmens bewertet werden, und die Bewertung der Umsatz- oder Gewinnmultiplikatoren.

Wie sollten sich Unternehmen für unvorhergesehene Notfälle wappnen?

Es ist entscheidend, einen Notfallplan zu erstellen, der sicherstellt, dass das Unternehmen im Falle unerwarteter Ereignisse weiterhin funktionieren kann. Die Benennung eines Notfall-Managers, die Einrichtung von klaren Kommunikationskanälen sowie die Delegation von Kompetenzen für wichtige Entscheidungen, zum Beispiel in Bezug auf Banken, Ausschreibungen oder Verträge, sollten dabei berücksichtigt werden. Außerdem ist eine geeignete Versicherung gegen finanzielle Risiken wichtig. Fehlt ein solcher Plan, sollte er sehr kurzfristig entwickelt werden.

Welche Kriterien sind bei Investorenentscheidungen ausschlaggebend?

Zu den wichtigsten Kriterien gehören die finanzielle Stabilität und Rentabilität des Unternehmens, die Wachstumsaussichten, die Marktposition, die Qualität des Managements, das Risikoprofil und die strategische Passung zum Investor. Geeignete Investoren berücksichtigen oft die kulturelle Übereinstimmung und die langfristigen Ziele des Unternehmens.
Interview: Jürgen Kuhn, Gudrun Hölz